Wie alle Orte hat auch Roßwag für seine Bewohner einen Necknamen verpaßt bekommen. Die Geschichte vom Roßwager, der vergeblich versucht, ein Eselsei auszubrüten, stammt in der vorliegenden Form aus der Festschrift des Roßwager Liederkranzes zum hundertjährigen Jubiläum im Jahre 1964.
Fuhr da vor Zeiten ein auswärtiger Bauersmann mit einem Wagen voll der schönsten Kürbisse durch das liebliche Weindorf Roßwag und löste mit seiner sonderbaren Fracht nicht wenig Verwunderung aus. Staunend standen die Roßwager da und begafften die unbekannten riesigen Früchte. Der Michel war es, der sich endlich ein Herz faßte und neugierig den fremden Bauersmann fragte: „Ja, heilichs Blechle, was hasch denn du do uff deim Wägele?" Geheimnisvoll legt der Fuhrmann die Zeigefinger auf den Mund. Erst vor dem Rathaus hält er sein Gespann an, und sogleich will der ganze Ort wissen, was das für sonderbare Kugeln seien. Der verschmitzte Bauer lächelt aus seinen Stockzähnen: „Des isch ebbes ganz bsonders – des send Eselseier!" Da geht eine Welle der Bewunderung und des Erstaunens durch die Roßwager, man tuschelt eifrig miteinander, und bald sind sich die Bürger einig, solch ein „Eselsei" für teueres Geld zu erstehen.
Jetzo gilt es aber, das erworbene Ei auch auszubrüten, und das Los fällt auf den Büttel-Hannes. Der wird nun vierspännig auf eine Halde oberhalb des Ortes gefahren und übernimmt dort mit wichtiger Miene sein schweres und verantwortungsvolles Amt. Die Roßwager schleppen ihm, damit das Brutgeschäft ja keine Unterbrechung erleide, alle Tage das Essen und Trinken zu seinem sonnenwarmen Brutplatz hinauf und der Büttel-Hannes läßt sich recht wohl sein. Mit der Zeit aber werden die guten Roßwager in ihren Pflichten etwas nachlässiger, und so kommt es, daß eines Tages das Mittagsmahl erst gegen 4 Uhr zu dem hungrigen Brüter hinaufgetragen wird. Der Hannes – schon längst unruhig und wütend – will seinem ersehnten Freßkorb entgegenlaufen, und dabei stößt er unversehens gegen das so wohlbehütete Eselsei. Dieses rollt – oh Schreck! – den steilen Abhang hinunter. Hinter dem Busch aber, in dem das Eselsei verschwand, hat Meister Lampe sein Mittagsschläfchen gehalten. Wie ein Pfeil saust er nun – durch den Kürbis unsanft geweckt – davon. Dem Hannes aber bleibt fast der Verstand stehen und lauthals schreit er, in der Aufregung und im Eifer seines Brutgeschäfts an einen Erfolg seiner Mühen glaubend: „Halt, Esele, Halt! l bin's doch, dei Vadder!"
Übrigens: Als Alleinstellungsmerkmal taugt die Sage vom Eselsei nicht. Auch in Rottweil wird ein Kürbis als Eselsei ausgebrütet. Weitere Beispiele sind
Eltingen und das wegen seiner Schildbürgerstreiche berühmte Dorf
Ganslosen, das heute Auendorf heißt und zu
Bad Ditzenbach gehört.
Manche Esel haben gar ihre eigene Webseite: Die Wannweiler Esel!
Und noch ein Nachtrag zum Thema Esel:
Nicht nur das Bebrüten von Eselseiern kann die Menschen zu Eseln machen. Ein treffliches Beispiel sind die Asperger, die sich den Esel gleich auf das Rathaus geholt haben.