Heimatverein Roßwag e.V.
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Die Geschichte der Roßwager Enzbrücken

Die Geschichte der Roßwager Enzbrücken soll kurz dargestellt werden. Hilfe leisten hierbei historische Karten, wie sie z.B. das Landesamt für Geoinformation anbietet.


Gadner-Atlas
Karte "Stromberger Vorst" aus dem Gadner-Atlas 1596 (Detail)

Der Gadner-Atlas von 1596 (Chorographia Ducatus Wirtembergici) umfaßt 28 Karten der württembergischen Forstgebiete. Die Enz bildet die Grenze zwischen dem "Stromberger Vorst" (Nr. 3) und dem "Leonberger Vorst" (Nr. 7). Besonderen Wert legte man offenbar auf die Darstellung der Brücken entlang der Enz. Es fällt auf, daß in den meisten Orten an der Enz Brücken bestehen, so z.B. in Mühlhausen und Vaihingen, nicht jedoch in Roßwag.


Kieser
Roßwag, Kiesersches Forstlagerbuch

Das Kiesersche Forstlagerbuch (1681-1686) zeigt in seiner Roßwag-Ansicht eine Enzbrücke. Hierbei handelte es sich um einen relativ schmalen Steg, der für Fußgänger, nicht jedoch für Fuhrwerke geeignet war.


Charte
"Charte von Schwaben" 1808, Blatt 4 (Detail)

Blatt 4 der "Charte von Schwaben" von 1808 zeigt, daß die Straße von Aurich nach Roßwag an der Enz endete und am andern Ufer weiterführte. Fuhrwerke mußten also durch eine Furt. Für Fußgänger, kleine Wagen und auch z.B. für Schafherden gab es den Steg enzaufwärts, den wir bereits von der Kieserschen Ansicht kennen. Auf der rechten, vom Ort abgewandten Enzseite ist in den "Stegwiesen" bis heute der Verlauf des Brückenzugangs in Verlängerung der damaligen Brückengasse (heute Sankt-Martin-Straße) erkennbar.

Es liegt nahe, daß eine Furt für Fuhrwerke sich nicht gut mit den Anforderungen der Flößerei vertrug. Deshalb gab es für die Furt möglicherweise so etwas wie eine "bewegliche Querungshilfe", die zum Flößen entfernt wurde. Jedenfalls dürfte das Flößen durch den Roßwager Enzabschnitt wegen der Kiesbänke ein mühsames Geschäft gewesen sein.


Steg
Der heutige Enzsteg zwischen Mühlhausen und Roßwag ruht auf dem Widerlager aus dem 18. Jahrhundert (Oktober 2010)

Die "Charte von Schwaben" zeigt auch, daß es bereits damals zwischen Mühlhausen und Roßwag eine Enzbrücke für Fuhrwerke gab. Der heutige Enzsteg zwischen Mühlhausen und Roßwag, etwa 1,80 Meter breit, ruht dort auf einem Widerlager, das hangseitig rund 5,50 Meter breit und von der damaligen Brücke übrig geblieben ist. Über den Bau dieser Brücke gibt es ein Dokument von 1715. Die G·O·R hat darüber in Heft 6 ihrer interner Link Mitteilungen berichtet. Demnach hat Freiherr von Stein zu Mühlhausen die Brücke auf Roßwager Markung bauen lassen; die Steine hierzu stammen vom Roten Rain. Dies war also die erste für Fuhrwerke geeignete Roßwager Brücke.


Landesvermessung
Roßwag, Karte der württembergischen Landesvermessung 1833 (Detail)

Der alte in der Kieserschen Darstellung gezeigte Roßwager Enzsteg fiel dem Enzhochwasser von 1824 zum Opfer. Deshalb wurde 1825 zunächst ein provisorischer Übergang gebaut, damit die damals viel breitere und seichtere Enz wieder trockenen Fußes überquert werden konnte. Zugleich wurde mit der Planung einer neuen Brücke am Ort der bisherigen Furt begonnen, welche die Auricher Straße an das Dorf anbinden und anders als der Vorgänger-Steg an der Brückengasse auch für Fuhrwerke geeignet sein sollte.

Die Karte von 1833 auf der Basis der württembergischen Landesvermessung unter König Wilhelm I. zeigt dann die Enzbrücke dort, wo sie bis 2010 bestand. Zum damaligen Zeitpunkt existierte die Brücke allerdings ebenfalls nur als Provisorium. So zeigt die Darstellung lediglich zwei Pfeiler im Enzbett, obwohl die Brücke auf drei Pfeilern ruhte. Eine gemauerte Rampe mit Rundbogen bis zum ersten, ortsnahen Pfeiler war geplant, aber noch nicht gebaut. Erst nach den Enzkorrektionen 1839 und 1847/48 stand die Uferlinie fest, so daß die Rampe gebaut werden konnte. Kurioserweise zeigt die Karte im externer Link Ortskernatlas 1.10 (Vaihingen an der Enz) des Landesdenkmalamtes von 1991 immer noch nur zwei statt drei Pfeiler im Enzbett.


Landpost
Bekanntmachung in der "Landpost" 1850

Situationspläne zum Stand der Brückenbauarbeiten von 1825 und von 1841 gibt es im externer Link Vaihinger Stadtarchiv. Im März 1850 konnte man in der "Landpost" eine Bekanntmachung finden, daß die Arbeiten und Materialien zum Bau der Roßwager Enzbrücke ausgeschrieben ("veraccordirt") würden. Hierbei handelt es sich um reine Holzarbeiten (und zugeordnete Schmiedearbeiten) für die drei ortsfernen Bögen; Pfeiler, Rampe und der ortsnahe gemauerte Bogen waren schon vorher gebaut worden. Demnach war die Brücke nicht vor 1850 fertig.


historische Ansicht
So sah die Roßwager Enzbrücke von 1850 bis 1945 aus

Die Brücke von 1850 bestand bis 2010, allerdings mit einer Unterbrechung von 1945 bis 1949, da sie in den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges von den abrückenden deutschen Truppen gesprengt wurde. Während dieser Zeit gab es eine provisorische Brücke etwa 30 Meter oberhalb des früheren Brückengassen-Stegs.

Beim Wiederaufbau nach dem Krieg konnten die erhalten gebliebenen Pfeiler weiter verwendet werden. Die alte Holzkonstruktion wurde nicht wieder erneuert, sondern durch Spannbeton ersetzt. Mit dem Bau des Hochwasserdamms in den 1950er Jahren änderte sich das Aussehen der Roßwager Enzbrücke nochmals entscheidend: Der malerische gemauerte Bogen, der als Motiv für viele Künstler im Enztal gedient hatte, verschwand und wurde ebenfalls in Spannbetonbauweise ausgeführt.


zwei Brücken
Kurzzeitig gab es in Roßwag zwei Enzbrücken (Januar 2010)

Untersuchungen im Jahr 2008 hatten für die Roßwager Enzbrücke einen unbefriedigenden Zustand attestiert. Deshalb wurde beschlossen, eine neue Brücke zu bauen - jetzt tatsächlich mit zwei statt wie bisher drei Pfeilern. Im Mai 2009 wurde mit dem Bau begonnen.

Nach einem Jahr Bauzeit konnte im Juni 2010 die Einweihung der neuen Brücke gefeiert werden. Die Gesamtkosten betrugen 1,8 Mio. Euro.

(nach oben) © 2023 Heimatverein Roßwag e.V. -- zuletzt geändert am 14.10.2023